Anfrage der Fraktion ULW nach §45 Geschäftsordnung der Stadtverordnetenversammlung
Ob in der Innenstadt, im Hauptbahnhof oder im Rheingauviertel, Wiesbaden hat ein massives Taubenproblem und braucht dringend eine Eindämmung der wild brütenden Tauben.
Während Tierschützer sich gerade auch in Corona-Zeiten dafür einsetzen, dass Tauben nicht verhungern und die Aufhebung des Fütterungsverbots fordern, erreichen uns Klagen geplagter Anwohner, zuletzt aus dem Europaviertel, denn die Zustände und die Belästigung durch wild brütende Tauben vor allem auf den Balkonen, aber auch in (und unter) Bäumen und Büschen sind in diesem Jahr eskaliert und stellen inzwischen eine erhebliche Belästigung dar. Jedem Besucher der Stadt fallen sofort die unter Bäumen geparkten Pkw auf, die über und über mit Kot besudelt sind. Doch dieses emsige Treiben in den Baumkronen ist nicht das einzig Auffällige, die Bewohner verbarrikadieren ihre Balkone, müssen alle möglichen Abwehrmaßnahmen treffen (wie Glitzerbänder und/oder CDs aufzuhängen, Netze zu installieren etc.), um ständige Brutversuche von Tauben abzuwehren. Ein störungsfreies Sitzen auf den Balkons ist vielen Bewohnern seit Wochen nicht mehr möglich. Anwohner berichten zudem, dass Spielplätze so verdreckt sind, dass die Kinder diese nur bedingt nutzen könnten (Beispiel Spielplätze in der Adolfsallee und am Wallufer Platz).
Die Stadt Wiesbaden setzt nun auf ein flächendeckendes Stadttaubenmanagement. Dazu gehört, wie die Taubenbeauftragte Alexandra Weyrather ausführt (Interview in der FR v. 05.04.2020):
„Das Gesamtkonzept sieht unter anderem die flächendeckende Geburtenkontrolle in Schlägen und wilden Brutplätzen vor. Die wilden Brutplätze sollten, wenn sie nicht betreut werden können, am besten geschlossen werden, wenn das möglich ist, etwa in leerstehenden Häusern oder auf Dachböden.“
Und:
„Wir sind gerade dabei, die Zahl der Taubenschläge, wo die Tiere gefüttert und ihre Eier durch Gipseier ausgetauscht werden, zu erhöhen und suchen weitere Standorte. Einige Schläge sind nicht voll besetzt. Wir versuchen daher die Fütterung außerhalb der Schläge zu vermeiden, um deren Akzeptanz zu erhöhen.“
Am Hauptbahnhof, so ergab eine städtische Taubenzählung, ist die Zahl der wilden Nachkommen der Haustauben in der Bahnhofshalle von 2017 bis 2019 von 60 auf 160 und an den drei Außenseiten von 200 auf 870 gestiegen. Der Presse zu entnehmen war, dass die Deutsche Bahn im Wiesbadener Hauptbahnhof keinen weiteren Taubenschlag einrichten möchte, da die Erfahrungen mit zwei Taubenschlägen von 2008 bis 2012 miserabel gewesen seien (so Benjamin Schmidt vom DB Bahnhofsmanagement Darmstadt in der FR v. 17.03.2020): „Die Verschmutzung war größer, die Bausubstanz durch den Kot gefährdet und es gab viele Kundenbeschwerden.“ Seiner Ansicht nach haben die Fütterungen in den Schlägen dazu geführt, dass sich die Tiere vermehrten. Nachdem die Schläge abgebaut worden seien, habe sich der Bestand verringert und der Bahnhof sei sauberer geworden. Auch an der Finanzierung des Projekts wolle sich die Deutsche Bahn nicht beteiligen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir den Magistrat:
- Sucht die Stadt nun bereits nach weiteren Standorten in Bahnhofsnähe?
- Wo sind inzwischen tatsächlich neue Schläge eingerichtet worden? Im Dach des Gebäudes des Straßenverkehrsamtes in der George-Marshall-Straße 4 befindet sich offensichtlich ein solcher Taubenschlag, der entweder voll besetzt ist oder nicht richtig betreut wird. Denn die Tauben nisten auf zahlreichen Balkonen, in Büschen und Bäumen (sichtbarauch an umliegenden Fassaden und Dächern, insbesondere am Gebäude George-Marshall-Str. 9-11 – denneigentlich erst vor wenigen Wochen frisch gestrichen).
- Auch wenn die Vorteile eines solchen Schlags überwiegen (wenn die Tauben sich dort aufhalten, Futter und Wasser bekommen und ihren Kot dort absetzen können, sie damit gesünder und zudem durch den Austausch von Eiern in ihrer Vermehrung eingedämmt werden), von einer Verminderung der Belästigung und einer Eindämmung der Vermehrung merken die Bewohner Wiesbadens bisher nichts, im Gegenteil. Daher unsere Frage: Was ist hier das höhere zu schützende Gut, das gesunde Tauben- oder störungsfreie Leben der Anwohner?
- Wie schätzt der Magistrat die Gesundheitsgefährdung von Kleinkindern und Kindern durch Taubenkotverschmutzung der Spielplätze ein (am Beispiel der aktuellen Situation der Spielplätze in der Adolfsallee und am Wallufer Platz)?
- Gibt es Erkenntnisse bzw. sind Fälle bekannt, wo eine Reinigung von Spielplätzen aufgrund des Taubenkots erforderlich war? Falls ja, wie hoch waren die angefallenen Kosten?
Gez. Veit Wilhelmy