Stickstoffdioxid-Belastung in der Landeshauptstadt Wiesbaden


Rede von Veit Wilhelmy (ULW) zur Stadtverordnetenversammlung am 15. März 2018

Es gilt das gesprochene Wort.

Frau Stadtverordnetenvorsteherin,

sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete, liebe Kollegen!

Weit entfernt von einer verantwortungsvollen Umweltpolitik und daher für die ULW nicht nachvollziehbar nimmt die CDU-Fraktion also mit Punkt eins ihres Antrags an die Stadtverordnetenversammlung, nämlich kein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge anzuordnen, rücksichtslos die Gesundheit der Wiesbadener Bürgerinnen und Bürger in Kauf.

Dass auch ihre Bundespartei das Interesse der Automobilindustrie über das Allgemeinwohl stellt, hat sich bereits 2017 gezeigt, als sich Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem Empfang von Spenden der BMW-Erben Klatten und Quandt sowie der Daimler AG von insgesamt über 200.000€ bedenkenlos dagegen aussprach, die Hersteller zur Nachrüstung von Dieselfahrzeugen und damit zu Kosten von mehreren Milliarden Euro zu verpflichten.

Die ULW stellte bereits in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vom 16. Februar 2017 einen Antrag, in dem sie den Magistrat dazu aufforderte, ein lkrKonzept zur Stickstoffdioxid-Verringerung zu erarbeiten und ein zeitliches sowie schrittweises Dieselfahrverbot zu prüfen.

Zur Zustimmung des Antrags von Seiten der Stadtverordneten kam es jedoch nur mit der Herausnahme des Punktes zum schrittweisen Dieselverbot, da sich seinerzeit die anderen Fraktionen nicht dazu durchringen konnten, diesem – nun relevanter denn je erscheinenden – Punkt zuzustimmen.

Schuldig bleibt der Magistrat trotzdem noch immer die Ausarbeitung und Umsetzung eines Konzeptes gemäß unserem Antrag. Da drängt sich für uns geradezu die Frage auf, was der Magistrat seit der Beschlusslage vor mittlerweile über einem Jahr damit gemacht hat?

Offenbar haben Rot-schwarz-grün und der Magistrat es der Bundesregierung gleichgetan und die Problematik bisher wissentlich ausgesessen, verzögert und pathologisch ignoriert – wohlwissend um die Gefahren, die mit der nach wie vor erhöhten Stickstoffdioxid-Belastung einhergehen:

so wurde an zwei der drei Messstationen unserer Stadt in den letzten drei Jahren, so der Ringkirche und der Schiersteiner Straße, der geltende Jahresgrenzwert von 40 µg/m³ (Mikrogramm pro Kubikmeter) überschritten und das wird er auch in den kommenden Jahren weiterhin munter tun, wenn hier nicht endlich Fakten geschaffen werden.

Dabei zeigen die neuesten Zahlen einer Studie des Bundesumweltamtes, dass Stickstoffdioxid auch abseits von viel befahrenen Straßen und belasteten Großstädten eine echte Gefahr für die Gesundheit bedeutet.

Im Jahr 2014 ließen sich demzufolge statistisch etwa 6000 vorzeitige Todesfälle im Zusammenhang mit Herzkreislauferkrankungen auf eine Belastung durch Stickstoffdioxid im ländlichen und städtischen Raum zurückführen.

Fachleute weisen außerdem darauf hin, dass es keinen Schwellenwert für Belastungen gibt, was zeigt, dass hier die Debatte verschleppt wird und die Grenzwerte sogar noch verschärft werden müssten!

Stickstoffdioxid kann nicht nur dazu führen, dass ein Mensch sein medizinisch vorausgesagtes Alter nicht erreicht, es beeinflusst auch den Verlauf weiterer Krankheiten. Etwa acht Prozent der bestehenden Diabetes mellitus-Erkrankungen in Deutschland können im Jahr 2014 auf Stickstoffdioxid in der Außenluft zurückgeführt werden.

Dies entspricht etwa 437.000 Krankheitsfällen. Bei Menschen, die an Asthma erkrankt sind, liegt der prozentuale Anteil der Erkrankungen, die auf die Belastung mit Stickstoffdioxid zurückzuführen sind, mit rund 14 Prozent sogar noch höher. Das macht etwa 439.000 Krankheitsfälle. Auch die Anzahl von „verlorenen Lebensjahren“, wurde in der Studie errechnet: sie ergibt die signifikante Summe von 49.700 Lebensjahren.

Die Studie zeigt außerdem: die Belastung mit Stickstoffdioxid steht im Zusammenhang mit Bluthochdruck, Schlaganfällen, chronischen Lungenerkrankungen und Asthma. Was diese Zahlen und Tatsachen verdeutlichen ist, wie sehr Stickstoffdioxid die Gesundheit der Wiesbadener Bürgerinnen und Bürger schadet.

Wir sollten alles unternehmen, damit unsere Luft sauber und gesund ist. Gerade in unserem verkehrsreichen Wiesbaden besteht hier akuter Handlungsbedarf.

Bei vorliegendem Antrag handelt es sich um nichts weiter als einen reinen Schaufensterantrag, getrieben von aussichtslosem Aktionismus. Ein kommendes Dieselfahrverbot ist abzusehen.

Bei einem zu erwartenden Erfolg der Klage der Deutschen Umwelthilfe und des Ökologischen Verkehrsclubs gegen das Land Hessen wird man planlos dastehen. Hätte man den Punkt vor über einem Jahr berücksichtigt und bewilligt, wäre die Landeshauptstadt Wiesbaden besser auf ein nun drohendes Verbot vorbereitet und hätte bereits ein realistisches und realisierbares Konzept erarbeitet.

Die Kenia-Kooperation begnügte sich hingegen mit schönen Worten und diskutierte, anstatt auf Grundlage eines überzeugenden und längst überfälligen Konzepts endlich zu handeln.

Aus diesen und weiteren Gründen werden wir den Antrag der CDU ganz eindeutig ablehnen.

Wir wollen uns nicht zu Erfüllungsgehilfen der Autoindustrie machen und auch nicht die Gesundheit der Wiesbadener Bevölkerung weiter auf`s Spiel setzen.

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen!

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