Änderungsantrag zum Integrationskonzept für Geflüchtete scheitert an Ignoranz der etablierten Parteien


Rathausfraktion ULW setzt sich vergeblich für Flüchtlingshelfer-Initiative ein

Wiesbaden – Es war bereits nach 22.30 Uhr, als als letzter Tagesordnungspunkt in der Stadtverordnetenversammlung das „Integrationskonzept für geflüchtete Menschen in Wiesbaden“ aufgerufen wurde.

„Nichts gegen Anträge über Dialog-Prozesse, Live-Streaming, E-Partizipation oder ein Glas Sekt für die neuen Dezernenten der Kenia-Kooperation, aber die Frage, wie wir 3500 Menschen in diese Stadt integrieren, ist viel, viel wichtiger,“ so die ULW Rathausfraktion in der Stadtverordnetenversammlung.

„Das Konzept geht von 1400 Geflüchteten ohne dauerhafte Bleibeperspektive aus, obwohl diese Menschen aus Afghanistan oder Pakistan stammen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie alle wieder dorthin zurückgehen.“ Anpassungen in der Mengenplanung seien nötig.

Auch wunderte sich die Fraktion, dass im fast 80 Seiten langen Konzept das Thema „Verstärkte Vermittlung von Werten der Aufnahmegesellschaft“ nur am Rande vorkam.

„Das wird zwar als notwendig angesehen, aber konkrete Vorschläge scheinen sich auf  Willkommensbroschüren, Verbraucher-Tipps und Stadtrundgänge zu beschränken.“ Nur durch eine aktive, ehrliche und auch selbstbewusste Integrationspolitik könne Integration in Wiesbaden ein Erfolg für alle Beteiligten werden.

Der Kernpunkt der Kritik der Rathausfraktion ULW am Integrationskonzept aber ist die Ignoranz der etablierten Parteien gegenüber berechtigten Einwänden von einigen der vielen ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer, die so vorbildliche freiwillige Arbeit leisten und denen Preinl an dieser Stelle herzlich dankte.

Die Initiative „Lobby für FlüchtlingshelferInnen Wiesbaden“ hatte gefordert, eine zentral bei der Stadt angesiedelte Koordinationsstelle samt einer ständig erreichbaren Hotline zu schaffen. Stattdessen möchte die Stadt laut Integrationskonzept erst einmal abwarteten, „ob nicht das zu schaffende Projekt ,Netzwerk Bildung für Neuzugewanderte‘ in Kombination mit dem Freiwilligen Zentrum ausreichend sei, die vielen und durchaus umfangreichen Aufgaben zu übernehmen.“

„Gerade eine Hotline ist für sich engagierende Bürger und Flüchtlinge gleichermaßen wichtig“, findet Veit Wilhelmy, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion ULW. Schließlich sei es oft sehr mühsam für Helfer und Geflüchtete, die richtigen Informationen zur rechten Zeit zu finden.

„Die vorgesehenen beiden Koordinatoren im Bildungsbereich sind für eine solche Aufgabe zu wenig, da muss man erst gar nicht abwarten“, so Wilhelmy, der nicht nachvollziehen kann, dass ein so zentrales Anliegen der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer nicht in der gewünschten Weise Gehör fand.

Der Änderungsantrag der ULW zielte genau darauf ab, diese dringend nötige Koordinationsstelle mit einem Bürgertelefon für die über 90 Initiativen und Projekte in der Wiesbadener Flüchtlingshilfe zu schaffen.

„Der Oberbürgermeister und die Parteien bejahen bei jeder Gelegenheit Bürgernähe und Bürgerbeteiligung, in der Praxis aber sieht es anders aus“, so Wilhelmy.

Die etablierten Parteien hatten bereits alles schlussverhandelt, so dass der neue künftige Sozialdezernent Christoph Manjura, ohne auf Preinls Kritik inhaltlich einzugehen, nur erklärte, dass das Konzept so ohne Änderungen umgesetzt wird – nicht ohne den schon üblichen Vorwurf, der auch durch Wiederholungen nicht sinnvoller wird. „Sie hätten ja auch in den Ausschuss kommen können.“

„Aufgrund der Machtverhältnisse der Parteien im Parlament wurde unsere Fraktion ULW in keinen Ausschuss gewählt und hat in keinem Stimmrecht“, ärgert sich Wilhelmy. „Diese Aussagen sind nicht ohne Arroganz, nach dem Motto, wir haben die Mehrheit, wir müssen nicht argumentieren oder überzeugen. Dann können wir uns aber auch Stadtverordnetenversammlungen sparen.“

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